Bürgeraktion Pro Kultur e.V. Emmerich am Rhein
v.l.: Pro Kultur Vorsitzende Irene Möllenbeck, Norbert Kohnen und Herbert Kleipaß, Vorsitzender des Emmericher Geschichtsvereins und Leiter des Rheinmuseums, mit den Exponaten.
v.l.: Ted Nathan, Bürgermeister Peter Hinze, Irene Möllenbeck, Elisabeth Schüürman, Rabbiner David Geballe, Barbara Nathan, George Nathan, Dr. Jürgen Rolle – bei der Eröffnungsfeier
Pressestimmen zum Jüdischen Kulturraum
Übergabe einiger Kindheitserinnungen Ruth Taubs an den Jüdischen Kulturraum
N.Kohnen,Dezember 2024
Emmerich. Irene Möllenbeck, Vorsitzende der Bürgeraktion Pro Kultur, war beim Durchblättern des Poesiealbums von Ruth N. Taub tief bewegt. „„Das sind zum Teil unter die Haut gehende Einträge“, sagte sie bei der Übergabe einiger Kindheitserinnerungen von Ruth N. Taub vom Rheinmuseum an den Jüdischen Kulturraum.
Die 1921 geborene Ruth Taub, geborene Nathan, konnte 1939 vor dem Nazi-Terror in die USA fliehen. Die Exponate, neben dem Poesiealbum eine 55 cm hohe Puppe und eine Schwarz-Weiß-Aufnahme mit Ruth und Hund „„Pietje“ hatte Ruth Taub kurz vor ihrem Tod im Juni 2004 dem „„Jüdischen Museum in Emmerich“ geschenkt, das es aber gar nicht gab. Das Paket des Nachlassverwalters aus den USA landete bei Herbert Kleipaß im Rheinmuseum.
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Die Puppe war durch den Transport arg ramponiert. „„Der Kopf der Puppe war zerbröselt“, erinnert sich Kleipaß. Er ließ die Puppe bei einem Puppendoktor reparieren und präsentierte die Gegenstände seit 2005 in der stadtgeschichtlichen Abteilung des Rheinmuseum. Nachdem die Bürgeraktion Pro Kultur im Juni 2019 den Jüdischen Kulturraum im PAN eingerichtet hatte, regte Pro Kultur-Mitglied Norbert Kohnen an, die Kindheitserinnerungen Ruth Taubs in einer Vitrine des Jüdischen Kulturraums auszustellen.
Diese Anregung stieß bei Herbert Kleipaß auf großes Verständnis, so dass es jetzt im Rheinmuseum zur Übergabe kommen konnte: „„Im Jüdischen Kulturraum ist der Nachlass besser untergebracht“, so Kleipaß.
Norbert Kohnen betonte: „„Das sind die ersten Originalstücke für den Jüdischen Kulturraum, sie waren aber auch im Rheinmuseum gut aufgehoben, weil sie zur Stadtgeschichte Emmerichs dazugehören“.
Starkes Signal zur richtigen Zeit
Rund 150 Gäste kamen zur feierlichen Eröffnung des Jüdischen Kulturraums in Emmerich.
Rabbiner David Geballe wandte sich vor allem an die Jugend. Nachkommen vor Ort.
Von Marco Virgillito, NRZ, 08.06.2019
Emmerich. Als die Bürgeraktion Pro Kultur erste Gedanken um einen Jüdischen Kulturraum in Emmerich hegte, konnten die engagierten Köpfe noch nicht ahnen, wie treffend der Zeitpunkt der feierlichen Eröffnung am Freitag sein würde.
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Sie hatten lediglich das Gefühl, dass die Aufarbeitung der jüdischen Kultur in Emmerich „nachhaltiger“ gestaltet werden müsse, wie Irene Möllenbeck, Pro Kultur-Vorsitzende, erklärte. Der Antisemitismus in Deutschland ist derweil gewachsen. Ein deutlicher Warnschuss war die Aussage von Dr. Felix Klein, dem Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung: „Ich kann Juden nicht empfehlen, jederzeit überall in Deutschland die Kippa zu tragen.“ So durfte die Eröffnung des Kulturraums im PAN auch als starkes Signal gegen Antisemitismus verstanden werden.
Der Rabbiner David Geballe von der Jüdischen Gemeinde Duisburg Mülheim Oberhausen griff die Worte Kleins auf: „Wenn der Beauftragte der Bundesregierung das sagt, dann ist das leider ein Armutszeugnis für den Rechtsstaat.“ Der Rabbiner wandte sich an die Jugend, die „wirklichen Ehrengäste“ des Tages.
Was die Jugend bewegen könne, hätten die Friday for Future-Demonstrationen gezeigt. So nahm Geballe die junge Generation in die Pflicht: „Ihr müsst eine Entscheidung treffen: In was für einer Gesellschaft wollt ihr leben? Wenn ihr Antisemitismus seht, sagt was!“
Dies wurde von einem Applaus der 150 Gäste im PAN unterbrochen. Geballe hofft, dass möglichst viele Schulklassen den neuen Kulturraum besuchten. Auch Bürgermeister Peter Hinze sprach die Jugend an: Sie seien sicher nicht schuldig an den Verbrechen der Nazis, aber machten sich schuldig, wenn sie sich nicht mit der Geschichte beschäftigten: Es sei damals um Menschen gegangen, „mit denen wir heute gelacht und getanzt und die wir morgen in die Gaskammer gesteckt haben?! Darüber muss man nachdenken“. Das haben Schüler der Gesamtschule und des Willibrord Gymnasiums schon getan, sie gestalteten das Rahmenprogramm mit Musik, Lyrik, Wortbeiträgen würdig.
Schön war es, dass acht US-Nachkommen der jüdischen Familie Nathan aus Emmerich der Eröffnung beiwohnen konnten. George Nathan würdigte in seiner Rede die Forschungsarbeit des 2016 verstorbenen Herbert Schüürman, dessen Archiv bekanntlich ein Kernstück für den jüdischen Kulturraum darstellt. Und er freute sich: „Emmerich hat jetzt einen Ort, wo die Bürger ihre frühere jüdische Gemeinde verstehen können.“ Möllenbeck war sich „ganz sicher, dass er heute von oben mit einem zufriedenen Lächeln zu uns nach unten schaut“.
Das 45.000-Euro-Projekt mit 15.000 Euro zu fördern, fiel dem Landschaftsverband Rheinland leicht, legte Prof. Dr. Jürgen Rolle, Vorsitzender des LVR-Kulturausschusses dar. In Zeiten in denen es das Wort „Jude“ als Schimpfwort auf Schulhöfen wieder zu hören gebe, sei es wichtig, so ein ehrenamtliches Engagement zu fördern.